August 2023
Wer einen Törn an der italienischen Westküste plant, besucht in aller Regel entweder den toskanischen Archipel im Norden oder die Inseln des Golfs von Neapel. Südlich der Amalfiküste ist für viele (Charter-) Segler Terra Incognita. Dabei wird übersehen, dass nur etwa 25 Meilen von Amalfi entfernt eine schöne, aber weit weniger überlaufene Küstenregion liegt. Zwischen Agropoli im Norden und Matera im Süden erstreckt sich der Cilento mit weiten Buchten und schönen Hafenstädtchen.


Allerdings besteht hier das gleiche Wetterrisiko wie an der gesamten italienischen Westküste. Wenn der Mistral durch die Straße von Bonifacio fegt, wird es ungemütlich. Bei der sich dann einstellenden steilen Welle ist ein Landausflug die angenehmere Alternative. Mit dem Rad lassen sich auf einsamen Küstenstraßen schöne Aussichtspunkte und interessante Orte erreichen. Im Folgenden wird eine Fahrt von Marina di Camerota in das bergige Hinterland des Cilento beschrieben.
Marina di Camerota liegt auf der Südseite des Cilento. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich das kleine Fischerdorf…..

zu einem lebendigen Urlaubsort entwickelt:

Wie in vielen italienischen Küstenorten wurde der Hafen im 20. Jhdt. zum Schutz einer wachsenden Fangflotte ausgebaut, bevor es damit wegen Überfischung fast vorbei war. Heute finden sich hier überwiegend Segel- und Motoryachten. Man kann komfortabel an einem Schwimmsteg im inneren Hafenbecken festmachen, allerdings zu Preisen, die kaum niedriger sind als an der Amalfiküste. Günstiger sind ein paar kostenlose Liegeplätze im Vorhafen, die jedoch bei viel Welle und Südwind weniger Schutz bieten.
Camerota, der „Mutterort“ von Marina di Camerota, liegt etwa 10km landeinwärts auf einem hoch aufragenden Felsen und damit geschützt vor den Seeräubern, die bis ins 18. Jhdt. die italienische Küste unsicher gemacht haben. In diese Gegend führt die nachfolgend beschriebene Radtour, die mit ihren vielen Haarnadelkurven an einen Alpenpass denken lässt:


Auf etwa 20 km sind etwa 650 Höhenmeter zu überwinden, wobei die Steigung allerdings nur selten 5% übersteigt. Schon wenige Kilometer nach dem Start beginnen die zahlreichen Kehren Richtung Lentiscosa:

Links die vielen Kehren, rechts hinten die lange Mole des Hafens
Mit insgesamt 11 Kehren überwindet man die ersten 250 Höhenmeter. Wer will, findet im Zentrum des Dorfes mehrere Möglichkeiten zur Einkehr. Die Straße steigt danach weitere 200 Höhenmeter an, mit Blick zurück über Lentiscosa und das vom Wind bewegte Meer:

Eine schmale, neu geteerte Straße führt wenige Kilometer weiter steil hinunter in ein weites Tal:

Anders als an der belebten Küste, ist es hier einsam mit wenigen Bauernhöfen und grünen Wäldern. Nachdem man einen kleinen Fluss überquert hat, steigt die Straße wieder an. Kurz danach ergibt sich ein erster Blick auf Camerota:

Im Mittelalter hat sich das Leben hier abgespielt und die Bewohner sind nur zum Fischen an die Küste gekommen, während sie oben auf dem sicheren Berg gewohnt haben. Heute ist Marina di Camerota wesentlich größer und belebter als der jetzt abgelegene und nur schwer zu erreichende Mutterort.
Über einen Sattelpunkt hinweg führt die Straße zurück nach Süden. Von einem kleinen Parkplatz aus erkennt man, warum Camerota gut zu verteidigen war:

Dennoch wurde der Ort vom türkischen Korsaren Turgut Reis 1552 erobert und zerstört.
Die letzten Kilometer der Tour führen sanft abfallend zurück an die Küste. Wenn der Blick auf den Ausgangsort der Tour im Licht der Abendsonne so aussieht, ist der Starkwind allmählich vorbei und der Törn entlang der Küste des Cilento kann bald fortgesetzt werden.

Wenn es aber immer noch zuviel bläst, kann man am nächsten Tag zum Kap Palinuro radeln und dabei an den armen Steuermann des Aeneas denken.