Oktober 2019
Die Marina Izola in Slowenien löst bei manchen Seglern eher unangenehme Erinnerungen aus, finden doch hier viele Prüfungen deutscher und österreichischer Segelschulen statt. Man denkt an mehr oder weniger gelungene Anleger, Mann-über-Bord und andere Manöver, die unter den Augen eines strengen Prüfers absolviert werden müssen. Und in der Tat, selbst wenn man in der Nachsaison im Oktober einmal diesen Hafen ansteuert, sieht man dort regelmäßig die etwas betagten Schulboote ihre Kreise ziehen.

Auch bei Eignern, die in Izola oder im benachbarten Koper erwartungsvoll ihr neues Boot übernommen haben – einige Großserienwerften liefern hier ihre für die Adria bestimmten Yachten aus – sind die Erinnerungen häufig durchwachsen. Neben dem Rückblick auf die Freude über die neue Yacht mischen sich möglicherweise Gedanken an den Frust über die Kinderkrankheiten, die ein neues Boot üblicherweise mit sich bringt und die mühsam identifiziert und beseitigt werden müssen.
Vielleicht wird deshalb bei späteren Törns dieser Teil der slowenischen Küste von Charterern und Eignern häufig gemieden und man reiht sich stattdessen sofort in die sommerliche Segelkarawane Richtung Kroatien ein. So verständlich diese Gefühlslage auch sein mag, sie übersieht aber, dass die kurze slowenische Küste – ein Gerücht sagt ein Meter Küste für jeden Slowenen – durchaus viele interessante Ziele zu bieten hat. Und hier gilt einmal mehr, dass erst der Radsegler, der die Küste nicht nur vom Wasser aus betrachtet, sondern auch die gut ausgebauten Radwege der slowenischen Küste erradelt, diesen schönen Landschafts- und Kulturraum wirklich kennenlernt. In diesem und einem weiteren Bericht werden daher zwei Radtouren ausgehend von der Marina Izola vorgeschlagen, die hier erläuterte ganz kurze Fahrt nach Koper (allerdings mit umfangreichem Besichtigungsprogramm) und eine etwas sportlichere Tour nach Piran. Beide Strecken, die sich ohne weiteres auch kombinieren lassen, verlaufen teilweise auf der „Parenzana„, einer zu einem Radweg umgebauten alten Eisenbahnlinie, die Anfang des 20. Jhd. Triest mit Porec verbunden hat.
Hier die vorgeschlagene Strecke nach Koper im Überblick:

Höhenmeter gibt es keine, da die Trasse der alten Eisenbahnstrecke direkt am Ufer verläuft. Die GPX-Daten sind stehen hier zum Download bereit.
Glücklicherweise wurde die früher parallel zum Radweg verlaufende Uferstraße von Koper nach Piran inzwischen ins Hinterland verlegt. Damit ist der etwa 7 km lange Abschnitt zwischen den beiden Orten durch eine autofreie Promenade verbunden, die sich nicht nur bestens zum (Renn-) Radfahren sondern auch zum Inlineskaten o.ä. eignet.

An der Böschung des Radweges wird man mit drei großen Plakaten auf das dramatische Schicksal des Dampfers „Rex“ hingewiesen. 1931 in Genua gebaut und Gewinner des Blauen Bands für die schnellste Atlantiküberquerung in den Jahren 1933 – 1935 wurde das Schiff 1944 bei einem alliierten Fliegerangriff genau hier vor der Küste versenkt, vgl. die Markierung auf dem letzten Bild unten:



Nach kurzer Zeit erreicht man dann Koper, italienisch Capodistria, beides abgeleitet aus dem lateinischen Caput Histriae, zu deutsch „Haupt von Istrien“. Wie viele Küstenorte Sloweniens und Kroatiens lag auch Koper zum Schutz vor Angreifern zunächst auf einer Insel und war vollständig von Wasser umgeben.

Folgt man der Tour, gelangt man auf einem weiterhin gut ausgebauten Radweg durch eine Parklandschaft und die moderne Vorstadt bis zu einem Stadttor, das früher am Ende eines Damms stand, der die Insel mit dem Festland verbunden hat und im Bild oben genau in der Mitte zu sehen ist.

Die Altstadt von Koper ist vollständig verkehrsberuhigt und daher sehr angenehm mit dem Rad zu erkunden. Auf dem zentralen Platz neben der Kirche, bietet sich ein Café in einer hübschen Loggia an.

Der Blick geht dabei auf den gegenüberliegenden Prätorenpalast aus dem 15. Jhd., der bis 1797 Sitz der venezianischen Verwaltung war.

Koper ist heute Universitätsstadt und der größte Hafen Sloweniens. Wenn man an der Loggia mit dem Café links vorbei nur wenige hundert Meter weiter rollt, könnte der Kontrast nicht größer sein. Hier sieht es es fast aus wie auf dem Altonaer Balkon mit Blick auf den Hamburger Hafen:

Viel Wasser unter dem Kiel dürfte solch ein vollbeladenes Containerschiff bei der Anfahrt auf Koper nicht haben. Der Golf von Triest hat eine maximale Tiefe von etwas mehr als 20 Meter.
Absolut sehenswert in Koper ist das Stadtmuseum, an dem die Strecke im weiteren Verlauf vorbeiführt. Hier wird anhand von vielen Fundstücken die Geschichte der Stadt von der Antike bis zur Gegenwart anschaulich dargestellt. In einem getrennten Gebäude jenseits des Gartens werden insbesondere die Wirren nach dem ersten Weltkrieg und bis zur endgültigen Festlegung der Grenze zwischen Italien und dem früheren Jugoslawien im Jahre 1954 erklärt, einschließlich einer allegorischen Darstellung des von ausländischen Mächten geschundenden Landes:

Auf der Nordseite der Altstadt findet sich neben einer kleinen Marina eine Badeanlage mit einer weiteren Möglichkeit zur Einkehr. Ein schöner hölzerner Badesteg führt hinaus aufs Meer:

Mitte Oktober ist die Adria hier noch über 20° warm und lädt bei gutem Wetter zum Bad im klaren Wasser ein.
Wer sich nach soviel Kultur und Geschichte noch sportlich betätigen will, kann gleich im Anschluss an die kurze Rückfahrt nach Izola die Tour nach Piran in Angriff nehmen, die in einem weiteren Bericht beschrieben wird.