August 2020
Wenn man zwischen Manfredonia und Bari entlang der Küste Apuliens segelt, kann man beim genauen Hinsehen ein Gebäude im Hinterland der Küste erkennen. Dort liegt das Castel del Monte, vielleicht das berühmteste Bauwerk Friedrichs II. (1194 – 1250).

52 Jahre lang war er König von Sizilien, 38 Jahre lang deutscher König und 30 Jahre lang römisch-deutscher Kaiser. Geherrscht hat der Staufer über ein Reich von Sizilien bis an die Nordsee, unterbrochen nur vom Herrschaftsbereich des Papstes, mit dem es regelmäßig Ärger gab. Viele Burgen und Kirchen in Apulien und Sizilien sind unter seiner Herrschaft gebaut worden, nicht zuletzt das Castel del Monte. Residiert hat er dort jedoch nie und es ist bis heute nicht klar, welche Funktion dieses Bauwerk haben sollte. Festung oder Jagdschloss, man weiß es nicht.
Bekannt ist es wegen seines markanten achteckigen Grundrisses mit achteckigen Türmen an jeder Ecke und einem achteckigen Innenhof. Sozusagen ein fraktales Gebäude.

Als Startpunkt für eine Radtour dorthin bietet sich Trani an, das wegen seiner berühmten zweistöckigen Kathedrale direkt am Ufer selbst ein lohnendes Ziel ist.

Leider war der kleine Stadthafen in der Hochsaison belegt. So beginnt die nachfolgende Beschreibung einer Fahrt zum Castel del Monte in Bisceglie, einem weniger bekannten Ort etwa fünf Meilen weiter südöstlich. Dort liegt man gut geschützt mit Blick auf die würfelförmigen Häuser der Altstadt und mit einer großen Auswahl an Restaurants direkt am Hafen.

Die im folgenden beschriebene Strecke führt in etwa 30 km zum Ziel, erst leicht, dann etwas stärker ansteigend bis zu einer Höhe von etwa 550m. Damit ist sie weit weniger anstrengend als die benachbarte Tour von Manfredonia zum Monte Sant‘ Angelo, aber in der sommerlichen Hitze Apuliens dennoch eine kleine sportliche Herausforderung.


Vom Hafen aus startet die Fahrt rechts vorbei an der ummauerten Altstadt von Bisceglie und dann über die Bahnlinie hinweg. Danach folgt man einer kleinen Straße mit wenig Verkehr durch die apulische Ebene mit ihren endlosen Pflanzungen von Olivenbäumen:

Nach etwa einer Stunde Olivenbaum-Radeln erreicht man den Ort Corato, der mit einigen Cafés und Bars zu einer Pause einlädt und – wie könnte es anders sein – Namensgeber einer Olivensorte, der Coratina, ist. Danach wird es anstrengender, denn die Landschaft verändert sich. Es geht spürbar bergan über einige Hügel hinweg, auf denen nicht mehr Olivenbäume, sondern Wein wächst.
Entlang der Straße sieht man immer wieder die typischen Hütten Apuliens, die sogenannten Trulli. Hier gleich eine ganze „Reihenhaussiedlung“ :

Charakteristisch ist das Dach dieser Hütten: Ein „falsches Gewölbe“, bei dem die Steine ohne sich gegenseitig abzustützen mit jeder Lage immer enger gelegt werden und dadurch einen spitz zulaufenden steinernen Kegel formen.
Einige Kilometer weiter wird zum ersten Mal das Ziel sichtbar, immer noch weit entfernt oben auf einem kleinen Berg:

Der letzte Teil des Anstiegs verläuft durch einen Kiefernwald – der kühle Schatten ist dem Radler im August durchaus willkommen:

Wenn man endlich das Kastell auf dem Gipfel des Berges erreicht hat……..

…..ist man überrascht, wie klein es ist! Weder aus der Ferne noch am Fuße des Berges lässt sich die Größe des Gebäudes richtig abschätzen. Daher erwartet man – vielleicht auch durch Fotos oder Filmaufnahmen (z.B. im „Namen der Rose“ ) beeinflusst – ein deutlich größeres Gebäude. Ein „Scheinriese“ ist dieses Jagdschloss, das insgesamt einen Durchmesser von weniger als 60 Meter aufweist.
Die Anlage um das Schloss herum ist gut gepflegt und selbst mit müden Beinen lohnt sich ein Spaziergang auf einem Weg, der das Schloss vollständig umrundet. Der Blick in die Umgebung geht von der Adria im Osten bis weit in das apulische Hinterland im Westen, das selbst in der Augusthitze überraschend grün bewachsen ist:

Leider kann ich vom Inneren des Kastells nichts berichten – Corona hätte eine Buchung eines festen Besichtigungsslots einige Tage vorher erfordert. Stattdessen hier der Link auf den informativen Wikipediaartikel zum Castel del Monte.
Nach dem Rundgang kann man sich in einem der benachbarten Restaurants ohne Reue allen Verlockungen der apulischen Küche hingeben. Denn weitere sportliche Anstrengungen gibt es ab jetzt kaum noch. Im Gegenteil, das Gefälle auf der Rückfahrt nach Bisceglie reicht selbst auf dem letzten Stück durch die Olivenpflanzungen gerade noch aus, um fast die gesamten 30km entspannt zurückzurollen.