Geologie und Geschichte auf Lipari

Mai 2021

Die Liparischen Inseln sind ein beliebtes Revier, das sich von Kalabrien oder Sizilien aus in einem Tag gut erreichen lässt. Lipari, Vulcano, Salina, Panerea und der Stromboli liegen nur wenige Meilen auseinander, so dass nach einer Segeletappe Zeit für Landgänge verbleibt. Auf Lipari sollte man mindestens einen ganzen Tag verbringen. Landschaftlich und kulturgeschichtlich gibt es viel zu entdecken. Die im Folgenden beschriebene Radtour über die Vulkanberge der Insel vermittelt Eindrücke eines Siedlungsraums, der seit über 7000 Jahren bewohnt ist und bereits in der Steinzeit große Bedeutung hatte. 26 km und 500 Höhenmeter führen um die gesamte Insel herum. Das lässt sich ohne Weiteres in ein paar Stunden bewältigen. Damit bleibt Zeit für einen Besuch der Akropolis von Lipari, wo die Geologie und Geschichte der Insel in einem beeindruckenden Museum präsentiert werden, das man unbedingt besuchen sollte.

Den einzigen Hafen von Lipari findet man auf der Ostseite der Insel in einer weiten Bucht, die gut gegen die vorherrschenden Westwinde geschützt ist. Im Süden liegt die Stadt Lipari mit ihrer vorgelagerten Akropolis.

Die weite Bucht von Lipari, Blickrichtung nach Süden

Kommt man im Sommer, wird man in der Mitte der Bucht viele Schwimmstege zum Festmachen vorfinden. Bei einem Wetterwechsel mit Wind aus Osten oder Süden kann es dort aber ungemütlich werden. Wirklich sicher liegt man nur in der kleinen Marina Porto di Pignataro am Nordende der Bucht, die über eine schützende Mole verfügt. Einen Liegeplatz in dieser Marina wird man jedoch nur in der Vor- oder Nachsaison bekommen. Die Monate Juli und August sind ohnehin für einen Segeltörn nicht zu empfehlen, da die Liparischen Inseln in dieser Zeit überlaufen sind. Außerdem ist es viel zu heiß und die (Liege-) Preise vervielfachen sich.

Die Stege der Marina di Porto Pignataro

Die nachfolgend beschriebene Radtour führt mit der Ausnahme des äußersten Südens einmal um die ganze Insel:

Streckenverlauf und Höhenprofil der Radtour auf Lipari. GPX-Daten stehen hier zum Download bereit

Erstes Ziel ist schon nach wenigen Kilometern die Akropolis der Stadt. Auf dem Weg dahin gibt es mehrere Möglichkeiten, Fahrräder (vereinzelt auch Ebikes und viele Motorroller) auszuleihen. Über eine steil ansteigende Straße erreicht man die Festung.

Die Räder stellt man am Platz vor der Festung ab und gelangt durch mehrere Tore in das Innere der Anlage:

Auf der Akropolis von Lipari

Die Akropolis von Lipari ist eine geologische und geschichtliche Besonderheit. Wie in Pompei haben die wiederholten Vulkanausbrüche auf den Inseln, insbesondere auf der unmittelbar benachbarten Insel Vulcano, 10 Meter dicke Ablagerungen erzeugt, unter denen sich Besiedelungsspuren der Steinzeit erhalten haben. Nach umfangreichen Ausgrabungen im letzten Jahrhundert kann man heute direkt gegenüber der Kathedrale aus dem 18. Jhd. Grundmauern von mehreren Hütten aus der Jungsteinzeit sehen.

Wie man sich die Wohnverhältnisse vor 5000 Jahren vorstellen muss, zeigt das Museum auf einem Bild:

Die Insel Lipari ist neben der Insel Melos in der Ägais der einzige Ort im ganzen Mittelmeerraum, wo sich Obsidian findet. Das schwarze Vulkanglas war in der Jungsteinzeit hochbegehrt, da es schärfer als Feuerstein ist. In der Tat stößt man auf Lipari überall auf Obsidian, beispielsweise hier, verbaut in einer Mauer eines modernen Hauses.

Schwarzer Obsidian in einer Mauer

Das Museum zeigt, wie aus faustgroßen Brocken einzelne Klingen abgeschlagen worden sind:

Die Herstellung von Klingen aus Obsidian

Man hat ganze Tonkrüge mit hunderten Obsidianklingen gefunden, die auf diese Weise „in den Versand“ gegangen sind. Denn das Material ist zwar scharf, aber auch spröde, so dass der Verbrauch der Steinklingen recht hoch gewesen sein muss. Ein perfektes Geschäftsmodell für die Produzenten aus Lipari, die in der Jungsteinzeit den ganzen westlichen Mittelmeerraum beliefert haben.

Im Museum sind auch Fundstücke aus späterer Zeit zu sehen, beispielsweise zahlreiche Amphoren eines vor Lipari gesunkenen römischen Frachtschiffes

oder Rekonstruktionen von antiken Ankern aus Stein und Eisen – ein für Segler durchaus interessantes Thema:

Bauformen antiker Anker

Wer sich weniger für die Vergangenheit interessiert, kann jedenfalls die tolle Aussicht von der Akropolis genießen:

Kleine Ankerbucht unmittelbar unterhalb der Akropolis von Lipari
Modernes Theater auf der Südseite der Akropolis mit Blick nach Vulcano und Sizilien

Danach beginnt der anstrengende Teil der Tour. Man verlässt Lipari bergan Richtung Westen. Von den ersten Serpentinen aus ist ein schöner Blick zurück auf die Akropolis möglich.

Die Akropolis von Lipari von der Landseite aus

Glaubt man den Geschichtsbüchern, hat der türkische Admiral Khair ad-Din Barbarossa 1544 an dieser Stelle seine großen Kanonen aufgestellt, um die Stadt Lipari und ihre Festung innerhalb von 15 Tagen sturmreif zu schießen. Der Fall der Stadt bedeutete ähnlich wie in Otranto für tausende Bewohner den Verkauf in die Sklaverei. Erst danach sind die heute sichtbaren Festungsmauern errichtet worden, um die Stadt vor der bis ins 19. Jhd. andauernden Bedrohung durch Korsaren aus Nordafrika zu schützen .

Die – jedenfalls in der Vorsaison – kaum befahrene Straße steigt weiter mäßig an und führt durch eine zu dieser Jahreszeit noch grüne Gartenlandschaft:

Nach einigen Kilometern trifft man auf die südwestliche Steilküste. Von einem kleinen Rastplatz aus hat man einen wunderbaren Blick auf die „Faraglioni“ (Leuchttürme) von Lipari, große vulkanische Felsen, die vor der Küste senkrecht aus dem Wasser ragen. Im Hintergrund liegt die Insel Vulcano:

Immer noch geht es rauf, bis man schließlich eine Hochebene mit Weinbau erreicht. In Quattropani liegt bei einer Meereshöhe von etwa 450 m der höchste Punkte der Tour. Ab da rollt man auf einer einsamen Küstenstraße an der Nordwestküste entlang. Im Westen kommt die benachbarte Insel Salina in Sicht:

Einige Kilometer weiter fällt die Straße steil nach Acquacalda ab, wo sich mehrere Bars und Restaurants finden, die zu einer Pause einladen.

Acquacalda auf der Nordseite der Insel Lipari

Auf dem folgenden Abschnitt entlang der Nordostküste taucht man in die jüngere (Bergbau-) Geschichte der Insel Lipari ein. Ein Vulkanausbruch im Mittelalter hat auf diesem Teil Liparis zu mächtigen Bimssteinablagerungen geführt, die bis vor wenigen Jahrzehnten abgebaut worden sind. Dann wurde der Betrieb aufgegeben und die Anlagen rotten seit dem vor sich hin.

Stillgelegter Bimssteinabbau an der Nordostküste Liparis

Schließlich erreicht man den Badeort Canneto mit großem Strand:

Die Bucht von Canneto an der Nordostseite Liparis

Wer jetzt ermüdet ist, kann sich freuen, denn der letzte Anstieg hinter Canneto fällt deutlich kürzer aus, als es das Bild oben vermuten lässt. Ein Tunnel, der auch für Radler geeignet ist, beendet alle weiteren Anstrengungen. Stattdessen rollt man entspannt abwärts und kommt direkt am Startpunkt der Tour, der Marina Porto di Pignataro wieder raus.

Tunnel zwischen Canneto und der Marina Porto di Pignataro

Damit schließt sich der Kreis dieser Rundfahrt auf Lipari. Und wie immer ergänzen sich die vielfachen Landschaftseindrücke zu Land und zu Wasser, wenn am folgenden Tag die Faraglioni mit der Yacht aus der Nähe betrachtet werden:

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